Gefühle beschreiben

Mal theoretisch: Wenn jemand noch nie Liebe oder Wut erlebt habt, wie erklärt man demjenigen, was man dabei erlebt? Die Sprache dient dem Austausch zwischen zwei Menschen. Es gibt damit zwangsläufig nur Worte, für etwas, was zwei Menschen gemeinsam erleben. Mein Baum ist auch dein Baum. Wir beide sehen ihn und können dafür ein Wort finden. Was ist mit Dingen die man nur selbst erlebt? Dafür kann es keine Worte geben. Ich weiß ja noch nicht einmal, ob, wenn ich mir in den Finger geschnitten habe, der andere das selbe in der Situation fühlt wie ich (ich denke das ist sogar unwahrscheinlich: der eine ist feinfühliger als der andere, hat andere körperliche Voraussetzungen, …). Das erschwert es anderen seine Erlebnisse zu beschreiben. Umgedreht kann ich aber auch von jemanden anderen, der das beschriebene nicht erlebt, kein Verständnis erwarten. Die Person versteht es nicht. Das kann dazu führen, dass die Problematik nur unzureichend verstanden wird. Wenn ich etwas in diesem Sinn nicht verstehe, relativiere ich zusätzlich auch die Problematik (unbewusst). Diese Erfahrung habe ich zumindest bei mir gemacht. Das darf aber natürlich nicht dazu führen, dass die Problematik nicht angemessen ernst genommen wird. Das ist gefährlich!
Hinzu kommt, dass Menschen so Worte wie „unerträglich“ oder „nicht aushaltbar“ letztlich nicht verstehen können.

Etwas einschränken möchte ich diese Aussagen noch: es ist grundsätzlich schon möglich, das zu fühlen, was jemand anderes fühlt. Das Grundprinzip ist ganz einfach und deswegen irgendwie auch faszinierend. Gefühle und körperliche Empfindungen bzw. Funktionen beeinflussen sich gegenseitig. Wenn ich lächle, erzeuge ich mir damit auch die entsprechenden angenehmen Gefühle. Wenn jemand anders lächelt, weil er /sie sich freut, kann ich das imitieren (Mimikry). Damit erzeuge ich mir im Prinzip die Gefühle, die der / die andere gerade fühlt. Damit stellt sich die grundsätzliche Frage, ob ich durch das Beeinflussen meiner Körperfunktionen mir die damit verbundenen Gefühle, die auch jemand anderes dabei erlebt, erzeugen kann. Es gibt zu dem Thema einige Studien, z.B 🡵 https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fpsyg.2020.01980/full und 🡵 https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fpsyg.2020.00309/full. Man könnte z.B. durch eine bestimmte Art zu atmen, sich die entsprechenden Gefühle erzeugen. Die Atmung eignet sich deswegen gut dafür, weil ich sie willentlich direkt beeinflussen kann.

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