Psychosomatische Beschwerden und Ängste

Meine Gedanken zum Zusammenhang zwischen Gedanken, Gefühlen und, in dem Fall psychosomatischen Empfindungen, habe ich ja schon in dem entsprechenden ­🡺 Artikel beschrieben. Außerdem hatte ich auch schon einen ­🡺 Artikel darüber geschrieben, dass Gedanken, die ich bezüglich körperlichen Empfindungen habe, für mich auch Realität sind und man diese Denkweise erstmal nicht relativieren sollte. Psychosomatik ist aber so ein weites Thema, dass ich das noch einmal in einen eigenen Artikel packen möchte. Es gibt genügend Ratgeber, Fachbücher und Artikel im Internet dazu. Ich will hier nur meine eigenen Beobachtungen aufschreiben.

Ich würde mir wünschen, dass die Belastungen bei psychosomatischen Beschwerden den Belastungen bei körperlichen Beschwerden gleichgesetzt werden.
Ich habe das Gefühl, dass psychosomatische Beschwerden verharmlost werden. Es ist körperlich alles in Ordnung, und die Beschwerden sind nicht in irgendeiner Form bedrohlich, also ist die Symptomatik auch nicht so schlimm.
Aber wie gesagt, ob tatsächlich körperlich etwas nicht in Ordnung ist, oder nicht, macht aus Sicht des Erlebens erst einmal keinen Unterschied. Psychosomatische Beschwerden können auch starke Ängste bis hin zu Todesängsten hervorrufen. Ob ich in dem Moment tatsächlich in Lebensgefahr bin oder nicht, macht aus meiner Sicht in dem Moment keinen Unterschied.

Man weiß außerdem in dem Moment, in dem man die Symptome spürt, gar nicht, wie schlimm sie werden, ganz unabhängig ob Todesängste dabei mit eine Rolle spielen. Man muss für die Bewertung der Erlebnisse den Zeitpunkt betrachten, in der man die Symptome spürt und in dem man noch nichts über zukünftige Ereignisse weiß. Wenn ich beim ersten Auftreten der Symptome wüsste, dass sie nach kurzer Zeit wieder vorbei sind oder weniger schlimm werden, als ich das schon erlebt habe, wäre das eine ganz andere Art des Erlebens. Im Nachhinein stellt sich die Situation auch für mich in diesem Fall weniger schlimm dar. Aber damit beschreibt man die Erlebnisse dabei nur unzureichend.

Hinzu kommt, dass auch psychosomatische Beschwerden so stark werden können, dass es eigentlich derjenigen nicht zuzumuten ist, sie zu ertragen. Wenn jemand sagt, irgendeine Symptomatik ist für sie unerträglich, hat sie recht. Über viele Themen kann man diskutieren. So eine Aussage gehört nicht mit dazu.

Psychosomatische Beschwerden können stressbedingt sein. Man sollte sich aber lieber nicht durchlesen, was Stress mit dem Körper machen kann. Im Prinzip muss man damit Stress so ernst nehmen, als hätte man eine schwerere Krankheit. Sich diesbezüglich in etwas rein zu steigern macht alles noch schlimmer. Man sollte aber dringend entsprechend etwas tun, um die Problematik zu verbessern. Mehr kann man dann nicht machen.

Die Diagnose „psychosomatisch“ ist auch sehr unspezifisch. Das hat zur Folge, dass, auch wenn ich weiß, dass z.B. starke Belastungen Ursache für die psychosomatischen Beschwerden sind, irgendwie doch eine Unsicherheit besteht, dass diese Beschwerden körperliche Ursachen haben können und eventuelle auch lebensbedrohlich sind, so wie das bei (gefühlten) Herzrhythmusstörungen der Fall ist. Wenn mein Körper mir sagt, ich bin in Gefahr, glaube ich dem mehr, als einer doch recht allgemeinen Diagnose, selbst wenn einige Wochen vorher die Symptome abgeklärt wurden. Mir zu vermitteln, dass etwas mit meinem Körper nicht in Ordnung ist, ist eben die eigentliche Funktion dieser Beschwerden. Ich kann dann diesen Gedanken entgegenwirken, das ist dann aber erst mal nur Schadensbegrenzung. Wenn es einen Unterschied machen würde, ob die Symptome körperliche Ursachen haben oder nicht, würde ich diesen Gedanken ja dann auch nichts entgegensetzen und sie einfach geschehen lassen. Wenn die psychosomatischen Beschwerden Teil einer Angststörung sind, lassen sich diese auch behandeln. Das dauert aber einige Zeit und die Ursache muss ja auch nicht immer eine Angststörung sein.

Als ich mich mit dem Thema „kognitive Verzerrungen“ beschäftigt habe, und mich Alltag mit diesem Wissen beobachtet habe, habe ich festgestellt, dass ich um so mehr dieser Denkfehler mache, je bedeutender das Problem für mich ist und dass ich teilweise wusste, dass ich Denkfehler mache, ich aber trotzdem an diesen „falschen“ geglaubt habe. Wenn ich das jetzt mal mit psychosomatischen Beschwerden und Ängsten in Verbindung bringe, bedeutet dass z.B. ich habe Todesangst, weiß, dass diese unrealistisch ist, ich denke aber trotzdem weiterhin, dass ich in Lebensgefahr bin. Genau das habe ich zumindest bei mir auch beobachtet. Vielleicht sollte man diesen Mechanismus auch mit kognitiven Verzerrungen in Verbindung bringen.

Was mir mittlerweile sehr geholfen hat, ist, dass ich mich mit dem Thema beschäftigt habe, wie wir überhaupt denken und wie wir unsere Umwelt wahrnehmen. Meine Gedanken dazu habe ich im Artikel 🡲 Das Verständnis für unsere kognitiven Prozesse im Alltag zusammengefasst. Unser Gehirn bildet sich ein eigenes Model von unserer Umwelt und von den körperlichen Vorgängen. Dieses Bild ist zwangsläufig unvollständig oder fehlerbehaftet. Ich achte im Alltag jetzt auf solche falschen Wahrnehmungen oder Gedanken und schreibe mir einige auf. Das sind banale Ereignisse, aber ich kann mich in Situationen, die bedeutender für mich sind, daran erinnern. Damit fällt es mir leichter auch wirklich daran zu glauben, dass der Gedanke oder die Wahrnehmung die Situation falsch wiedergibt.

Es wäre eigentlich auch wichtig, den Mechanismus zu verstehen, der diese Beschwerden verursacht. Das ist aber leider oft noch nicht möglich. Wenn ich etwas verstehe, belastet es mich weniger. Wenn ich nicht weiß, wie die Symptome entstehen, ist das ganz automatisch belastend für mich und erzeugt ggf. auch Angst, weil Gedanken kommen, welche Ursachen die Beschwerden noch haben könnten. Man soll die Symptome akzeptieren und ihnen keine weitere Bedeutung beimessen. Ich kann aber Symptome, die mit der Lebenserhaltung in Verbindung stehen, nicht mit z.B. harmlosen Armschmerzen vergleichen. Außerdem kostet es viel mentale Kraft, die Symptome ohne negative Bewertung zuzulassen. Kraft, die man aber irgendwann nicht mehr hat.

Der Gedanke ist dabei dann auch, ob eine körperliche Ursache, die man behandeln kann, nicht weniger belastend wäre, als die psychosomatischen Beschwerden. Die Behandlung der psychosomatischen Beschwerden dauert oft länger und viele Menschen leiden viele Jahre darunter. Das kann dann schwerwiegende Folgen haben. Die Belastungen können denjenigen im Alltag stark einschränken und dann tatsächlich auch körperliche Probleme verursachen.

One Reply to “Psychosomatische Beschwerden und Ängste”

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert