Einflüsse auf die eigene Denkweise, Entscheidungsfindung und Meinung

Hier sollen einmal die Faktoren aufgelistet werden, die die eigene Denkweise und Meinungsbildung beeinflussen und was man daraus für den Alltag schlussfolgern kann.

Ich habe bewusst nicht nach einer entsprechenden Auflistung im Internet gesucht. Ich wollte das einfach mal selbst probieren. Man kann diesbezüglich noch weitere Faktoren finden und das auch noch grafisch besser darstellen. Die Grundaussage, denke ich, bleibt aber. Auf das, was wir denken, haben sehr viele Faktoren einen Einfluss, von denen wir nur die wenigsten bewusst wahrnehmen. Wir können eine Situation beobachten, uns Wissen aneignen und mit jemanden über die Problematik reden. Alle anderen Faktoren nehmen wir im Prinzip bewusst gar nicht wahr. Aber auch diese drei Einflussfaktoren sind fehleranfällig.

Ein paar Erklärungen zu den einzelnen Faktoren:

Wissen: Gut, um sich eine Meinung zu bilden, sollte zumindest der gute Wille vorhanden sein, sich die notwendigen Kenntnisse über eine Thematik anzueignen :-).
Kognitive Verzerrungen: Der Mensch kann sehr gut Muster erkennen und wir suchen ständig unbewusst Muster. Dabei sehen wir eben dann auch Muster da, wo keine sind, z.B. ein Gesicht in einer Wolke. Außerdem möchten wir Erklärungen für Phänomene erhalten. Das tritt dann besonders stark im sozialen Umfeld auf. Ziel von unserem denken ist außerdem, dass wir uns wohl fühlen wollen. Diese, und andere Phänomene führen dann dazu, dass wir falsche Schlussfolgerungen ziehen, einmal gemachte Schlussfolgerungen beibehalten, auch wenn bedeutende Argumente dagegen sprechen und uns von anderen Personen zu stark beeinflussen lassen1.
Kognitive Prozesse: Ich meine hier nicht nur so etwas wie Intelligenz, sondern auch dass das Gehirn z.B. im optischen Bereich Bilder erfindet oder dass wir uns an unsere Vergangenheit falsch erinnern. Unser Gehirn erzeugt im Prinzip seine eigene Wirklichkeit, die sich auch von dem, was andere wahrnehmen, unterscheiden kann. Außerdem können wir (unbewusst) Voraussagen darüber treffen, was als nächstes geschieht. Das funktioniert in den meisten Fällen dann sehr gut, wenn auch nicht immer. Wenn man hier mit das Unterbewusstsein mit einordnet, dann haben wir damit ein weiteres sehr gutes Werkzeug, um auf unsere Umwelt reagieren zu können2.
Psychotrope Substanzen: Substanzen wie Drogen (+Alkohol) oder Medikamente können unsere Stimmung und unser Bewusstsein beeinflussen.
Andere Personen: Wir lassen uns natürlich von anderen Personen in unseren Überzeugungen beeinflussen. Diese Person lässt sich aber auch wieder von all den angesprochenen Faktoren beeinflussen. Außerdem beeinflussen sich 2 Menschen gegenseitig. Im sozialen Kontext wollen wir z.B. zu einer anderen Gruppe von Menschen mit dazugehören, es tut gut, wenn andere unsere Meinung teilen usw.
Sprache: Welche Sprache wir sprechen, beeinflusst uns wohl auch neurologisch3.
Gesellschaft: Unsere Ansichten werden u.a. von gesellschaftlichen Normen beeinflusst.
Lebensweise: Die eigene Lebensweise hat u.a Einfluss auf unser Befinden und wirkt sich damit auch auf unsere Denkweise aus.
Umweltfaktoren: Hohe Temperaturen wirken sich auf unsere Stimmung aus. Ein extremes Beispiel dafür ist, dass starke Hitze das Suizidriskiko erhöhen kann4. Genau so kann z.B. Lärm zur Belastung werden und sich damit auf unsere mentale Verfassung auswirken.
Mentale Faktoren: Meine Meinung und meine Entscheidungen sind abhängig von meiner Stimmung. Im Prinzip ist das ja ein wichtiger Bestandteil von den Dingen, mit dem sich die Psychologie beschäftigt.
Intuition: Bei bestimmten Fragestelllungen kann uns unser Bauchgefühl helfen. Man muss auch den Mut haben, gerade im sozialen Bereich, sich auf seine Intuition zu verlassen. Intuition kann einen aber, vor allem in Bereichen, die uns weniger vertraut sind, auch täuschen.
Veranlagungen: Das Thema Evolution spielt beim Denken natürlich auch eine bedeutende Rolle. Die „evolutionäre Erkenntnistheorie“ gehört zwar mit zur Philosophie, man kann die Auswirkungen unserer evolutionären Vorgeschichte im Alltag immer wieder gut erkennen Es gibt viele Artikel und Bücher darüber, einen Artikel findet man z.B. bei 🡵 spektrum.de.
Eigene Erlebnisse: Das, was wir erleben und in der Vergangenheit erlebt haben, hat natürlich auch Auswirkungen auf unsere Denkweise.
Beobachtungen: Auch hier sollte ich zumindest bemüht sein, möglichst alle relevanten Informationen über eine Thematik für eine Entscheidungsfindung herauszufinden.
Kulturelle Faktoren: Unsere Denkweise wird auch von unserem kulturellen Umfeld geprägt5.
Physiologische Faktoren: Wir nehmen aufgrund von unterschiedlichen körperlichen Voraussetzungen die Umwelt unterschiedlich wahr. Unser Befinden ist abhängig davon, wie viel wir schlafen, Stress erzeugt körperliche Reaktionen, die dann wieder Auswirkungen auf unsere Denkweise haben, hormonelle Prozesse haben Einfluss auf unser Befinden, usw..

Etwas verwirrender kann man’s dann aber schon noch machen: Wenn ich mir Wissen aneignen will oder Vorgänge beobachte, haben viele dieser Faktoren auch wieder Einfluss auf meine Meinungsbildung. Ich kann auch dabei Denkfehler z.B. in Form von kognitiven Verzerrungen machen.

Das Gute an all diesen Faktoren ist, dass wir zwar Dinge teilweise falsch bewerten, aber wir haben einen langen Stammbaum hinter uns, und kommen damit im Alltag ja ganz gut zurecht. So, wie das Gehirn arbeitet, dass es also Annahmen über die „Wirklichkeit“ macht, Voraussagen trifft und dass all das nur in der Mehrheit der Fälle, aber eben nicht allen stimmt, kann also für uns gar nicht so schlecht (gewesen) sein.
Außerdem konnten wir uns mit dieser Art zu Denken doch eine ganze Menge Wissen aneignen, das wir u.a im medizinischen Bereich nutzen können und das uns den Alltag erleichtert. Wir haben das geschafft, obwohl unser Denken fehlerbehaftet ist, weil wir Methoden definiert haben, die uns helfen, zumindest einen Teil der Denkfehler zu erkennen. All die Dinge, die unser Leben erleichtern, hätten wir wohl nicht, ohne die evolutionären Prozesse die uns das Denken ermöglicht haben. Angefangen bei unseren Vorfahren, die 🡵 Steine als Werkzeug benutzt haben, bis hin zu unseren heutigen Werkzeugen. Ein Prozessor ist letztlich auch nichts anderes als ein Stein, an dem man Strom angeschlossen hat :-).

Auswirkungen im Alltag

Bei alltäglichen Problemen muss man eine Entscheidungsfindung nicht unnötig verkomplizieren. Man trifft eine Entscheidung, und wenn die negative Auswirkungen auf einen selbst hat, muss man das eben so hinnehmen. Entweder muss die Mehrheit der Entscheidungen mir Vorteile bringen oder ich muss zumindest verhindern Entscheidungen zu treffen, die für mich schwerwiegende Folgen habe. Es ist besser, ich renne lieber einmal unnötig vor einer Gefahr davon, als dass ich das einmal bei einer realen Gefahr eben nicht tue. Es gibt aber auch Problemstellungen, bei denen ich mich nicht auf diesen Mechanismus verlassen sollte, z.B. wenn es um gesundheitliche Fragen geht.
Es kann vorkommen, dass ich anderer Meinung bin, als jemand, der mich bei einem gesundheitlichen Problem unterstützen will. Jemand mit entsprechenden Fachkenntnissen wird aber auch, genau so wie ich, von verschiedenen weiteren Faktoren in seiner Denkweise beeinflusst. Das fachliche Wissen hat einen sehr bedeutenden Einfluss dabei, es ist aber nicht der einzige Faktor. Wenn ich irgend etwas tun soll (z.B. irgendeine therapeutische Maßnahme angewandt werden soll), von dem ich nicht überzeugt bin, wie entscheide ich mich? Diese Ratschläge können ja trotzdem auch in meinem Interesse sein. Meine Denkweise kann fehlerhaft sein, es ist aber auch nicht auszuschließen, dass jemand mit Fachkenntnissen falsche Annahmen macht. (Auch diese Thematik kann eine Form der kognitiven Verzerrung sein, eine sogenannte 🡵 „Authority Bias„. Man lässt sich durch die Meinung eines Experten zu stark beeinflussen.)

Ich habe mich in den letzten Monaten intensiver mit der Thematik „kognitive Verzerrungen“ beschäftigt und dabei viel gelernt. Eine Liste mit solchen Verzerrungen findet man auf 🡵 Wikipedia. Das ganze ist im 🡵 cognitive bias codex dann noch ausführlicher dargestellt und man findet eine interaktive Darstellung auf der Seite 🡵 https://bias-map-v1.web.app/. Interessant fand ich, dass in diesen Aufstellungen auch Heuristiken (also wie man möglichst wahre Aussagen treffen kann, wenn man für die Lösungsfindung nur begrenzt Zeit hat oder wenn man nur wenige Informationen zur Verfügung hat) mit aufgeführt sind. Klar, heuristische Entscheidungen können auch falsch sein. Irgendwie musste ich dabei an Arztgespräche denken. Man hat wenig Zeit und kann damit nur wenige Aussagen bzgl. seines Anliegens machen. Die Methoden der Heuristik sind außerdem so geartet, dass sie bei Problemstellungen, mit denen man Erfahrungen hat, gut funktionieren. Sie können aber eben auch dann zu falschen Schlussfolgerungen führen, wenn das eigene Problem „außergewöhnlicher“ ist. Eine Lösungsfindung ist dabei (oft) möglich, die Beurteilung der Problematik kann aber auch fehlerhaft sein. Ich würde jetzt einfach mal vermuten, dass im letzteren Fall die Persönlichkeit der Ärztin eine bedeutendere Rolle spielt, also wie empathisch sie ist, wie sehr sie sich selbst reflektiert usw..

Auswirkungen auf das Leben, das Universum und den ganzen Rest6

Unabhängig von persönlichen Themen, kann man aus der Grafik auch ablesen, dass bei vielen Themen meine Denkweise fehlerbehaftet sein kann und ich meine Ansichten deswegen entsprechend überprüfen muss. Ich kann meine Gedanken nicht automatisch als „wahr“ annehmen7. Hinzu kommt, dass 2 Menschen etwas, das sie gemeinsam erfahren, durchaus unterschiedlich wahrnehmen können. Ein einfaches Beispiel dafür ist der Necker – Würfel (in dem Bild sind es mehrere Würfel):

Zwei Menschen können bei den einzelnen Würfeln zwei unterschiedliche Perspektiven wahrnehmen und man selbst kann zwischen den beiden Perspektiven „hin und her schalten“.

Die eine Wahrnehmung ist aber nicht „besser“ oder „schlechter“ als die andere.

  1. Aus meiner Erfahrung heraus würde ich auch sagen, dass man um so mehr zu solchen kognitiven Verzerrungen neigt, je bedeutender ein Problem für einen selbst ist.
  2. Das Thema Kognitionsnwissenschaften ist ein so weites Feld, dass alles, was man als jemand der kein Experte ist, dazu schreibt und das man dann auch noch in nur einem Satz beschreiben will, wohl zwangsläufig fehlerbehaftet sein wird.
  3. z.B. 🡵 https://www.spektrum.de/news/typisch-deutsch-verschaltet-die-muttersprache-praegt-das-gehirn/2125008#Echobox=1680165346
  4. z.B. 🡵 https://www.wissenschaft.de/gesellschaft-psychologie/klimawandel-hitze-steigert-suizidrate/
  5. z.B. 🡵 https://www.lifepr.de/pressemitteilung/spektrum-der-wissenschaft-verlagsgesellschaft-mbh/Kultur-beeinflusst-die-Denkweise/boxid/105134.
  6. 🡵 https://de.wikipedia.org/wiki/Per_Anhalter_durch_die_Galaxis_(Romanreihe). Mir fällt gerade kein übergeordneter Begriff dafür ein.
  7. Wobei die Aussage eher suggestiv ist. Ich kann das ablesen, bei jemand anderem muss das nicht der Fall sein

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