Ich möchte mich in diesem Artikel mit dem Thema beschäftigen, ob wir frei in unseren Entscheidungen sind und ob das, aus meiner Sicht, überhaupt so wichtig ist.
Unser Gehirn erzeugt sich seine eigene Wirklichkeit. Das funktioniert grundsätzlich ganz gut, wir machen aber auch immer wieder Denk- und Wahrnehmungsfehler (siehe u.a 🡺 Das Verständnis für unsere kognitiven Prozesse im Alltag).
Wenn die Basis von freien Entscheidungen auch Denkfehler sein können, die unser Gehirn macht, ohne dass wir zunächst Einfluss darauf haben, dann verringert das auch die Bedeutung eines freien Willens (wie auch immer man einen freien Willen überhaupt definieren würde). Meine freien Entscheidungen können dann fehlerhaft und damit nicht in meinem Sinne, meines sozialen Umfeldes oder der Umwelt sein.
Wir brauchen unsere kognitiven Fähigkeiten um uns in unserer Umwelt zurecht zu finden. Ein Nebenprodukt davon ist die Fähigkeit, Ursachen und Wirkungen von Vorgängen zu verstehen, mit denen wir im Alltag eher weniger konfrontiert sind. Damit können wir auch über unser Denken nachdenken, die damit verbundenen Mechanismen verstehen und Denkfehler innerhalb gewisser Grenzen erkennen. Das führt dann wieder dazu, dass wir Entscheidungen treffen können, die mehr in unserem Sinne sind.
Allerdings reicht es oft auch aus, dass ich nur denke, dass ich selbstbestimmt handeln kann, obwohl das teilweise gar nicht der Fall ist.
Die Fähigkeit zur Selbstreflexion ist also auch ein wichtiger Faktor, damit wir uns das Leben angenehmer gestalten können.
Nach dem ich mich jetzt einige Zeit mit diesem Thema beschäftigt habe, denke ich, dass die Fähigkeit, sich selbst beobachten zu können, eine ganz ganz wichtige Eigenschaft ist. Bei persönlichen Problemstellungen, oder auch wenn ich einer anderen Person helfen möchte, ist es wichtig, meine Denkweise zu hinterfragen, mit neuen Beobachtungen abzugleichen und dann auch bereit zu sein, die eigene Denkweise bzw. Meinung entsprechend zu verändern. Sich Wissen anzueignen ist wichtig, aber ich werde immer mal wieder aufgrund der Art und Weise, wie wir denken, Denkfehler machen (z.B. durch kognitive Verzerrungen oder Heuristiken). Damit gehört zur Kompetenz einer Person nicht nur das jeweilige Fachwissen, sondern auch die Art und Weise, wie die Person denkt.
Damit relativiert sich auch die Bedeutung von Intelligenz. Mit einer durchschnittlichen Intelligenz bin ich kognitiv so leistungsfähig wie die meisten anderen (was für ein dämlicher Satz). Damit reichen diese Fähigkeiten aus, um den Alltag zu bewältigen. Aber um Entscheidungen zu treffen, die in meinem Sinne sind oder die andere Personen oder meine Umwelt betreffen, ist es eben auch wichtig, sich selbst reflektieren zu können. Intelligenz ist wichtig, wenn ich mich mit (überdurchschnittlich) schwierigen Themen beschäftige und kann auch mein Wohlbefinden steigern, wenn ich z.B. dadurch zu neuen Erkenntnissen komme.
Ergänzungen
Die Fähigkeit zur Selbstreflexion hat noch weitere Konsequenzen: Wenn ich über mich nachdenken kann, kann ich auch über andere Menschen und deren Denkweisen nachdenken und (in einem gewissen Rahmen) beurteilen, ob jemand so denkt wie ich. Außerdem können wir durch diese Fähigkeit auch mit anderen über unsere Gedanken und Gefühle reden. Damit hat Selbstreflexion auch noch weitere soziale Funktionen. Außerdem hat sie eine wichtige Bedeutung dabei, wie wir die Welt erleben.
🡵 https://bigthink.com/neuropsych/self-awareness-makes-us-human/
2 Replies to “Freier Wille, Selbstreflexion, selbstbestimmtes Leben”